Heinrich Heine: Mythologie des Abendlandes
Heinrich Heine meint sich wohl selbst, wenn er In seinem Buch „Deutschland“ das Schicksal seines Studienfreundes Heinrich Kitzler beschreibt. Heine hält Kitzler für den größten Dichter aller Zeiten, nur ist von ihm kein einziges Buch erschienen. „Der Mann galt allgemein als Esel und im Grunde war er nur ein ehrlicher Mann.“
Jedes Mal, wenn das Buch in allen Einzelheiten fertiggestellt war, überdachte Kitzler die Gründe, die etwa ein Gegner seinen Ausführungen entgegen setzen könnte: „Nun grübelte er über Standpunkte bis ihm eine dem Buch ganz entgegengesetzte Überzeugung im Geiste erwachte.“ Daraufhin wollte der Dichter den „Lorbeer des literarischen Ruhms nur noch der Wahrheit opfern“, d. h. sein Buch ins Feuer werfen.
Heine wollte das verhindern: „Sprich nicht weiter! Wage nicht, Verblendeter, das Erhabene zu schwärzen und das Glänzende in den Staub zu ziehen. Es ist die schauerlich erhabenste Erscheinung der Weltgeschichte (Untergang der alten Götter, Aufbruch des Christentums), sein Kampf und sein vollkommener Sieg den du schilderst.“
Heinrich Kitzler ließ sich nicht überzeugen: „Bruderherz, alles was du jetzt sagst, habe ich weit besser und weit gründlicher auseinander gesetzt. Aber vergebens! Jene Denkmäler einer Frühlingsepoche der Menschheit (germanische, griechische und römische Mythologie) gingen unwiderruflich zu Grunde.“
Bei diesen Worten warf Heinrich Kitzler sein Manuskript, die Arbeit von zwei Jahren, unwiederbringlich in die Flammen des Kamins.